Mein Jahr in Lettland
Samstag, 20. September 2014
Jugendtreffs und Moosbeeren
Heute waren wir im Moor um Moosbeeren zu sammeln. Wir sind um zehn mit einem der Kleinbusse losgefahren. Es sind außer Paula, H. und mir noch vier Mädchen, eine Frau, die ich zuvor noch nicht gesehen habe und A. mitgekommen, die sich wie S. um den Haushalt kümmert.
Wir haben Gummistiefel bekommen und die haben wir auch dringend gebraucht. Wenn man im Moor steht, dann steht man im Wasser. Erst war es schon ein bisschen unheimlich. Oh, schaurig ists übers Moor zu gehen… Die Beeren lagen einem immer direkt vor der Nase, zwischen vereinzelten Birken und Nadelbäumen. ES gab viele Pflanzen, die ich noch nie gesehen habe, oder die es bei uns nicht gibt, z.B. Morgentau. Überall flogen fremde Libellen, die in der Sonne glitzerten oder undurchsichtige Flügel hatten. Was ich nicht gedacht hätte, auf dem Moos fühlte sich eine Vielzahl an kleinen Spinnen verschiedenster Art wohl. Es gab viele Vögel, auf der Fahrt haben wir einen Bussard von sehr nahem gesehen.
Wir haben mindestens viereinhalb Stunden gesammelt, die Mittagspause nicht mitgerechnet. Paula, die Verrückte, hatte am Ende immer noch Lust, aber für mich hatte die Sache nach der langen Zeit die Spannung verloren. Nicht, dass es nicht schön gewesen wäre. Ich würde es jederzeit wieder tun, aber Pilze sammeln gefällt mir besser, da muss man nicht so viel hocken.
Gestern waren wir im Jugendzentrum zum Jugendabend, der lutherischen Gemeinde, aber eben nicht nur. Alles in allem war es eine sehr kafkaeske Erfahrung. Bei dem eigentlichen Jugendabend ist wenig passiert, wir haben über ein Stunde geredet und gegessen, ohne uns näher kennenzulernen, um dann zu beten und zu gehen. Nein, halt, wir wurden von Jutas Sohn J. durch mehrere Türen geführt, um uns dann vor einer Gruppe Jugendlicher vorzustellen, mit denen wir eigentlich nichts zu tun hatten, die gleich ein Selfi von uns machen wollten. Ich habe mich von allen Seiten verarscht gefühlt. Eigentlich habe ich an diesem Abend erst richtig gemerkt, wie es ist, wenn man die Sprache in der alle sprechen nicht versteht. Aber nicht nur das war verwirrend. Dann sind wir wieder durch viele Türen und um das Kulturhaus herum in einen Kinosaal gegangen und haben einen Film gekuckt, der Teil einer Werbekampagne einer jungen Partei Lettlands war. Als dieser zu Ende war, sind wir auf einen Plant gegangen um eine Wassershow zu sehen, die durch patriotische lettische Lieder untermalt wurde anzusehen. Auch Teil der Parteiwerbung. Ich musste die ganze Zeit lachen, wir Deutschen können so was wahrscheinlich einfach nicht Ernst nehmen. Übrigens hat keiner der Schüler oder J. was mit der Partei zu tun gehabt. „Just for fun.“ Warum sich nicht unterhalten lassen, wenn es kostenlos ist?
Also liegen zwei ziemlich gegensätzliche Tage hinter mir. Ich bis schon gespannt, wie die Jugendabende in Zukunft ablaufen werden. Anscheinend wurde entschieden, dass Paula, H. und ich uns um die Musik kümmern sollen.

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Donnerstag, 18. September 2014
Es gibt viel Neues zu berichten, aus der Kalna skola.
Es ist jetzt noch eine dritte Freiwillige hier, H. sie wird hier bis Ende September im Haus wohnen, weil ihr Zimmer bei ihrer Gastfamilie noch nicht fertig ist. Wir verstehen uns sehr gut. Wir drei unterrichten jetzt. H. hat die unteren Klassen in Deutsch übernommen, Paula und ich die Oberen in Deutsch und noch eine Klasse in Englisch. Momentan unterrichten Paula und ich noch gemeinsam, aber wahrscheinlich werden wir uns später aufteilen. Das unterrichten kann sehr anstrengend sein, aber mir macht es meistens Spaß. Wir wurden übrigens nicht eingeführt, wie ich so schön vorhergesagt habe. Eines Tages, wir haben die ersten zwei Stunden in Musik mitgeholfen, wurden wir in das Deutschzimmer gebracht, man zeigte uns die Deutschbücher und dann sollten wir unsere Stunde halten. So ist das hier anscheinend mit allen Freiwilligen. Es hätte schlimmer sein können. Es gibt hier drei Kinder, die manchmal in den USA sind, und deswegen gut übersetzen können. H. hat es da schwerer. Denn diese Kinder sind in den höheren Klassen.
Wir wurden jetzt schon in der lutherischen Gemeinde in Madonna vorgestellt, waren am Dienstag bei einem Abend in der babtistischen Kirche und werden freitags in die Madonna Gemeinde gehen. Madonna ist sehr ökomenisch. Die verschiedenen Gemeinden unternehmen viel zusammen, jede Woche ist der Gebetsabend am Dienstag in einer anderen Gemeinde.
H., Paula und ich waren jetzt auch schon zusammen die Stadt Madonna ansehen. Das liegt daran, das die Madonnaer Zeitung ein Interview mit uns gemacht hat. Anders als ich erwartet habe, ist Madonna scheinbar ein sehr wohlhabendes Städtchen. Sie haben ein Kultur-, ein Sportzentrum, Museen, viele verschiedene Kirchgemeinden, und viele viele Läden, Cafés und Restaurants. Auch einen Stoffläden, das hat Paula und mich sehr gefreut.
Außerdem haben wir festgestellt, dass das Klavier im Andachtsraum, genannt „Kapela“ wie Paulas kleiner Dudelsack gestimmt ist. Wir können also erstmals zusammen spielen. H. ist auch sehr musikalisch. Wir drei begleiten das ein oder andere Lied. Ich ringe einem Jungen ein Stück auf dem Klavier bei, Paula bringt einem Mädchen Flöte bei und H. Zeigt einem Jungen wie man Geige spielt.
Ich habe das Gefühl: Genau hier sind wir richtig. Hier passen wir hin.

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Dienstag, 9. September 2014
Die ersten Tage hier
08.09.14
Jetzt schreibe ich endlich, wie es mir so ergangen ist.
Ich gebe zu, bei der Busfahrt eines Unternehmens, das alles russisch oder in mehr oder weniger unverständlichen englisch ansagt, habe ich mich etwas verloren gefühlt. Wir saßen in dem Doppelstockbus oben vor der Heckscheibe und hatten eine gute Sicht. Bilder zeigen kann ich aber nicht, ich habe nicht so viel Zeit sie hochzuladen, denn ich schreibe diesen Text vor und kopiere ihn rein, sobald ich die Gelegenheit habe, ins Internet zu gehen.
Wir wurden von der Schulleiterin J. und ihrem Sohn J. als Fahrer abgeholt. Wir sind in ein berühmtes Gasthaus gegangen, in dem man selbst Essen zusammenstellen kann. Die Reizüberflutung war ganz schön viel für meinen müden Kopf. Die Schulleiterin war total lieb zu uns und wollte auf keinen Fall, dass wir hungern müssen. Sie hat mit uns deutsch gesprochen, aber ihr Sohn englisch. Mit ihm haben wir uns bisher am meisten unterhalten.
Wir wohnen erst Mal im Gästezimmer, weil unser anderes Zimmer mit Schrank und Co noch nicht fertig ist.
Bisher haben wir schon viele Kartoffeln und Möhren geschält, Unkraut gejätet, Geschirr gespült, Pilze gesammelt, gefischt (finde ich persönlich ziemlich langweilig), auf Kinder aufgepasst, Fahrrad gefahren, spazieren gegangen, geputzt, geputzt, geputzt und mit J. (der Sohn) über Geschichte und Politik geredet. Außerdem hat der uns schon die Schulbücher für Deutsch gezeigt und gesagt wie es hier so läuft. Es ist total krass. J. ist am Wochenende, wenn er hier wohnt der „Busfahrer“ der Schule und fährt alle von A nach B; er studiert und er ist Lehrer für Geografie, weil gerade kein anderer da ist. Zuvor war er auch Englischlehrer, wir sollen in dieser Sprache auch eine Klasse übernehmen. Er ist um einiges besser in Englisch als wir und das macht mir etwas Angst. Überhaupt gibt es hier keinen Lehrplan, die Stunden sind nur so ungefähr 40 min lang und jede Klasse hat pro Woche drei Stunden Deutsch (glauben wir). Ja, es wird abenteuerlich! Wir werden aber langsam und behutsam eingeführt werden.
Was ich persönlich noch sehr interessant fand, ist die Art wie die Erstklässler Musik haben. (In die erste Klasse gehen übrigens auch alle Kleinkinder, es wird viel gespielt, gemalt und etwas mit Filzer geschrieben. Also, der Musiklehrer holt nacheinander ein Kind ungefähr 10 min ans Klavier, spielt zwei bis vier Noten und das Kind spielt es mit dem Zeigefinger nach. So wird das Lied nach und nach aufgebaut. Die anderen Kinder nerven daweile am Schlagzeug oder beschäftigen sich anderweitig. Aber sie sind größtenteils ziemlich leicht zu händeln, zumindest was das Fremdeln angeht. Jedenfalls begleiten manche älteren Kinder dann abwechselnd bei den Andachten ein bis zwei Lieder auf die sie spezialisiert sind.
Alle, wirklich unausschließlich alle sind total nett zu uns. Wir unternehmen viel mit einem Jungen aus der achten Klasse und passen auf die kleine M. auf. Viele Mädchen wollen unsere Freundinnen sein.
Jetzt zum Essen. Einige kleine kulinarische Raritäten sind: selbstgemachtes Eis aus Milch von den eigenen Kühen und Beeren (Ich liiiiibe es!), Buchstabennudeln in Milch, Cottagecheese (oder zumindest irgendein leckerer Quark-Käse), eigenes Gemüse, gefangene Fische (Paula, unsere VEGETARIERIN hat auch welchen gegessen, da er nicht von bösen Weltverschlechterern kommt.) und noch vieles mehr. Es ist alles sehr gehaltvoll und man kann sich immer zwischendurch einen Apfel oder etwas anderes holen.
Zusammenfassend ist also zu sagen (super Phrase, funktioniert in jedem Aufsatz), obwohl ich erst drei volle Tage und etwas mehr hier bin, habe ich mich schon eingelebt. Die Gemeinschaft ist super! Es ist wie in einer großen Familie. Sogar das Kartoffelschälen und Geschirrspülen macht Spaß, weil man sich unterhält. Und selbst den Lettischsprechenden höre ich gern zu, obwohl ich so gut wie kein Wort verstehe.

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Letzte Aktualisierung: 2015.10.30, 05:34
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